4/01/2016

Ohne Titel (Halbes Wiener Kastenfenster)

Ein Vorhang ist eine relativ große vertikale Fläche im Verhältnis zum Raum, in dem er auftaucht und zu den Personen, die sich im Raum aufhalten. Üblicherweise ist er größer als die Öffnung in der Wand, also größer als der Ausschnitt vom Dahinter, vor dem der Vorhang auf- und zugezogen wird. Dabei hängt er, fällt er von oben nach unten in Falten, rechtwinklig zur Architektur, die den Raum herstellt. Direkt von vorne trifft Licht auf ihn, vergleichbar wie auf ein gemaltes Bild. Es dringt durch sein Material hindurch auf die hintere Seite und macht ein Bild, dass man sich in dem Moment, in dem man vor dem Vorhang steht, vorstellen kann. Gerafft, gebunden, geformt und fallend verändert der Vorhang den Lichteinfall von draußen in den Raum und dadurch die Stimmungen und Beziehungen zwischen den Elementen innerhalb und zu sich selbst. Das und die Tatsache, dass sich auch der Vorhang mit der Zeit, zusammen mit den anderen Elementen im Raum, kontinuierlich verändert, bringt seine natürlichen Eigenschaften ins Spiel und lässt so einen Abstand zur Beschreibung entstehen, zur eigenen Handschrift und zu den Versuchen Ausdruck zu vermeiden. (2016)
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A curtain is a relatively large vertical surface in relation to the room in which it is hanging and to the persons inside. Usually it is larger than the opening of the wall, larger than the cutout of what is behind, of what is to be covered and unveiled by the curtain. In doing so, it dangles, it drops top down, perpendicular to the architecture which builds the room. Light illuminates the curtain as if it was a painting. It seeps right through the material to the other side behind it; one might conceive that image on its reverse side while standing in front of the curtain. Folded, tied, shaped, and falling, the curtain has an effect on the sunlight entering the room, and in this regard it changes the moods and relationships between the elements within. This and the fact that a curtain, like every element of a room, changes continuously with time, brings its natural qualities into play and creates distance to its description, to the process of writing, to one's personal style, and to the experiments of avoiding expression. (2017)

Constanze Schweiger, Untitled (Halbes Wiener Kastenfenster), 2016
Curcuma and paprika on canvas, 120 × 135 cm
Part of the exhibition Schneidig#1